Viersen: „Bunte Menschen“ im Urlaub
Viersen. Seit gut zwei Jahren reisen die fröhlichen Pappfiguren des Viersener Schreiners Roland Ehlen um die Welt. Was als Schabernack begann, ist heute ein Symbol für Freiheit und Toleranz. Von Sabine Janssen
Am Anfang war es Spaß, anarchischer Spaß. Der Schreiner Roland Ehlen aus Viersen stellte im Frühjahr 2014 bunte Pappfiguren am Straßenrand auf und freute sich, dass sie die Menschen begeisterten, ihnen aber auch Rätsel aufgaben.
Heute ist das Geheimnis um die fröhlichen Figuren gelüftet. Jeder in Viersen weiß, wo die Pappkameraden herkommen. Und sie haben eine Botschaft. „Sie stehen für Freiheit, Vielfalt, Toleranz“, sagt der Schreinermeister. Der 49-Jährige spricht nicht mehr von Männchen, sondern von „bunten Menschen“, für die er auch ein eigenes Unternehmen gegründet hat.
Im Grunde starteten die Pappmenschlein als Experiment, ausgehend von der Frage: „Was passiert eigentlich, wenn man den Menschen eine Information – in dem Fall bunte Männchen – gibt, mit der sie nichts anfangen können?“, erklärt Ehlen. Die mysteriöse Information verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Keiner wusste, wo die Figuren herkamen, aber die Gerüchteküche brodelte. Die Männchen habe ein belgischer Künstler aufgestellt, mutmaßten die einen. Sie warnten als Verkehrsschilder vor Kindern am Straßenrand, vermuteten die anderen.
Als die These aufkam, ein Schreiner aus Süchteln habe sie gemacht, legte Ehlen falsche Fährten: Er gab die Figuren Freunden auf Reisen mit. So enterten die Pappkameraden das Kreuzfahrtschiff „Queen Mary“ und tauchten auf Wanderwegen in der Eifel auf. „Es war lustig, auf Partys zu hören, wie andere über meine Menschen redeten. Zu Weihnachten habe ich auch einige verschenkt, aber alle nahmen an, ich hätte sie kopiert.“
Nur eines hatte der Süchtelner Schreinermeister unterschätzt: die Beliebtheit seiner fröhlichen Zeitgenossen. Je mehr Männchen er aufstellte, desto schneller „pflückten“ Passanten die Figuren am Stiel am Wegesrand, um sie in den eigenen Garten zu stellen. „Irgendwann kamen meine Freunde und ich mit der Produktion nicht nach.“ Im Frühjahr vergangenen Jahres wurde es dem Schreiner dann zu bunt: Er outete sich als „Vater der bunten Männchen“.
Die Nachfrage aber war ungebrochen. Viele fuhren nach Süchteln, um Männchen zu kaufen. Das Telefon stand nicht still. „Ich kam nicht mehr zum Arbeiten“, sagt Ehlen. Also gründete er mit seinem Freund Michael Klinger die „Bunte Menschen GmbH“. „Wir wollten die Sache auf gesunde finanzielle Füße stellen, damit zumindest die Produktionskosten gedeckt sind. In der Anfangsphase haben meine Freunde und ich gut 15.000 bunte Menschen für lau produziert“, erzählt Ehlen. Wenn die bunten Menschen nun Überschuss abwerfen, wird er für karitative Zwecke eingesetzt. Das ist schriftlich festgehalten.
Wer möchte, kann sich als Botschafter bewerben und einen Satz bunter Menschen kaufen. Wer damit für einen guten Zweck Spenden sammeln will, ist willkommen. Wer sie einfach so verschenken möchte, ebenfalls. Rund 40 Botschafter gibt es inzwischen weltweit. Auch ihr Erfinder plant weitere Aktionen. „Uns schwebt eine Art Bunte-Menschen-Nobelpreis vor, mit dem wir soziale Projekte unterstützen wollen“, erzählt Ehlen. Dank der reisefreudigen Viersener haben es die bunten Menschen schon weit gebracht. In einer Sommeraktion hatte Ehlen die Leute aufgerufen, die Figuren im Urlaub aufzustellen. Aus aller Welt schickten die Niederrheiner Fotos: bunte Menschen auf Ameland und am Ayers Rock, in Namibia, in Las Vegas, am Nordkap und auf den Malediven . . . und die Tournee ist noch nicht zu Ende.
Ein Werbegag seien die Männchen für Ehlen nie gewesen. „Es war einfach so, aus Spaß. Es lässt sich doch niemand einen Schrank von mir schreinern, nur weil ich bunte Männchen erfunden haben.“
Informationen unter www.rp-online.de
Quelle: RP